Bilder | Real Madrids neues Dach aus Leichtstahl

Die vormontierten Bauteile wurden mit einem 600-Tonnen-Raupenkran über das Stadion gehoben. Bild: Real Madrid

Der neue Stadionentwurf ist eine gemeinsame Entwicklung des deutschen Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner, des spanischen Projektpartners L35 Arquitectos, Ribas & Ribas Arquitectos sowie des Ingenieurbüros schlaich bergermann partner und INES Consulting Engineers.

Neben der skulpturalen Fassade, die aus geschwungenen diagonalen Edelstahlrippen mit unterschiedlichen Transparenzgraden besteht, dem einziehbaren Spielfeld und einem 360-Grad-LED-Bildschirm, der entlang der Dachkante verläuft, verfügt das neue Bernabéu-Stadion auch über die scheinbar „schwebende“ Dachkonstruktion mit vollständig einziehbarem Innendach.

Mit der Ausführung der Bauarbeiten für drei dieser Designelemente wurde der spanische Stahlbauhersteller Horta Coslada beauftragt. Das Unternehmen ist auf große und komplexe Projekte wie Brücken, Stadien, Infrastruktur und Hochhäuser spezialisiert.

Für das Dach des Santiago Bernabéu Stadions verarbeitete Horta Coslada insgesamt 13.000 Tonnen Stahl, davon 3.100 Tonnen hochfesten Stahl S690QL1 von Dillinger in Blechdicken von 10 bis 120 mm. Durch die höhere Festigkeit können leichtere und schlankere Konstruktionen realisiert werden, die sonst statisch nicht realisierbar wären.

Die Hauptquerträger, die jeweils 6 m breit sind, wurden in das Stadion gehoben und dann zusammengeschraubt, sodass eine Gesamtspannweite von 176 m entstand. Bild: Real Madrid

Das geringere Gewicht der Bauteile ermögliche laut Dillinger nicht nur den Einsatz größerer Bauteile, sondern eröffne auch neue architektonische Möglichkeiten. Für das Dach des Santiago-Bernabéu-Stadions wurde der im Kranbau häufig verwendete Stahl S690 verwendet. Im Stahlbau kommt er allerdings nur selten und nur in geringen Tonnagen zum Einsatz. Nach Einschätzung von Alejandro Otero Gutièrrez, CEO von Horta Coslada, wurde bei keinem europäischen Projekt jemals eine so große Menge S690 verarbeitet wie bei diesem Projekt.

Dachaufbau-Strategie

Der von Real Madrid beauftragte Generalunternehmer Fomento de Construcciones y Contratas (FCC) entwickelte gemeinsam mit Horta Coslada eine Baustrategie, die die Montage der riesigen Querträger vorsah, die für die Dachkonstruktion außerhalb des Stadions erforderlich waren. Kernelement dieser Strategie war eine sechs Meter hohe temporäre Plattform vor dem Westeingang des Stadions, auf der alle Komponenten des Dachs vormontiert wurden.

Die ursprünglichen Pläne der Ingenieure für das Hauptdach basierten auf dem leichten Speichenradprinzip. Dabei wird ein innerer Spannring über 44 radiale Seile mit einem äußeren Druckring verbunden und ruht auf Stahlauslegern der bestehenden Randkonstruktion.

Zusammenfügen der Bauteile der Querträger über dem Stadion. Bild: Real Madrid

Allerdings entschied sich FCC, auf diese leichte Seilkonstruktion zu verzichten und sie durch ein konventionelleres System zu ersetzen, bei dem vier gitterförmige Hauptträger aus Stahl verwendet werden, die das gesamte Stadiondach stützen. Die Hauptstützen sind die Querträger im Norden und Süden, die jeweils 6 m breit sind und eine Spannweite von etwa 176 m haben.

Diese zentralen Elemente des Daches spielten auch für den gesamten Montageprozess eine entscheidende Rolle. Während der Bauarbeiten ermöglichten sie die Vormontage der weiteren Dachkomponenten auf der Plattform außerhalb des Stadions. Die beiden Hauptbinder wurden komplett aus hochfestem Stahl S690 in Fachwerkbauweise hergestellt und wiegen jeweils knapp 1.500 Tonnen. Sie ruhen auf lediglich vier Punkten bzw. Stützen, von denen zwei neu konstruiert wurden.

„Diese Struktur war nur dank der Verwendung der Stahlsorte S690 möglich, einem Leichtstahl mit extrem hoher Streckgrenze“, sagte Alejandro Otero Gutiérrez, CEO von Horta Coslada.

Die Dachkonstruktion des Santiago Bernabéu wurde nur durch den Einsatz des hochfesten Edelstahls S60QL1 möglich. Bild: Real Madrid

„Die nur so erreichbare Gewichtseinsparung war der Schlüssel zum Erfolg der gesamten Konstruktion. Im Vergleich zu anderen Lösungen konnten wir dank der Eigenschaften dieser Sondergüte rund 40 % weniger Stahl verwenden.“

Etwa ein Drittel der gesamten Dachkonstruktion des Santiago Bernabéu Stadions wurde aus S690 von Dillinger hergestellt. Durch die Verwendung des Materials S690 wurde für das Dach ein Stahl verwendet, der 12.000 Tonnen statt 20.000 Tonnen wog.