Ab in den Wald: Der Aufstieg nachhaltiger Hochhäuser

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Hohe Gebäude stellen eine einzigartige Herausforderung für die Nachhaltigkeit dar, da sie sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Zu den positiven Auswirkungen zählen die Verringerung der Zersiedelung, die Förderung alternativer Transportmöglichkeiten und die Möglichkeit einer effizienten Energienutzung auf Stadtteilebene. Diese Vorteile gehen jedoch auf Kosten der höheren Kohlendioxidemissionen bei der Herstellung der erforderlichen Materialien und beim Bau des Gebäudes.

Regeneratives Hochhaus von Haptic und Ramboll (Foto: Forbes Massie Studio)

Der CO2-Fußabdruck eines hohen Gebäudes ist pro Quadratmeter deutlich höher als der eines niedrigen Gebäudes. Dies liegt daran, dass die Struktur normalerweise für den Großteil des CO2-Fußabdrucks eines Gebäudes verantwortlich ist und hohe Gebäude mehr Struktur benötigen, um ihre Höhe zu tragen.

Hohe Gebäude werden üblicherweise aus Stahl oder Beton errichtet. Doch was wäre, wenn es eine Alternative gäbe, die die positive Wirkung von Hochhäusern noch steigern könnte?

Das Architektur- und Ingenieurbüro Skidmore, Owings & Merrill sowie Forscher der Oregon State University haben vor Kurzem ein Forschungsprojekt gestartet, in dem die Leistungsmerkmale eines hybriden Holz- und Beton-Strukturbodensystems untersucht werden, das der Branche eine Alternative zur herkömmlichen Flachplattenkonstruktion bieten könnte.

Hohes Gebäude, geringe Kosten

Ziel des Forschungsprojekts war die Untersuchung konzeptioneller Struktursysteme für hohe Gebäude, die möglichst nachhaltig sind und gleichzeitig im Vergleich zu modernen Bautechniken kostenmäßig konkurrenzfähig bleiben.

Die Autoren der Studie stellten fest, dass Konstruktionssysteme aus Holz, die früher als unpraktisch galten, aufgrund der verbesserten technischen Eigenschaften heute realisierbar sind.

Sie beobachteten zudem eine größere Akzeptanz von Hybridstrukturen in der Ingenieursgemeinschaft, bei denen Holz mit Materialien wie Stahl und/oder Beton kombiniert wird.

Eine der Schlussfolgerungen des Berichts lautete tatsächlich, dass aus solchen Materialien errichtete Gebäude bei Erdbeben möglicherweise geringere Trägheitskräfte erzeugen, zudem flexibler seien und weniger anfällig für erhebliche Schäden seien.

Darüber hinaus ermöglicht die moderne Behandlung von Holz im Gebäudeinneren, die für eine praktische Konstruktion erforderlichen Brandschutzklassen zu erreichen.

Europas Holzgiganten

Hochhäuser aus Holz tauchen in Städten immer häufiger auf, da Unternehmen neue Produkte, Techniken und Materialien entwickeln, um die Nachhaltigkeit hoher Infrastrukturen zu erhöhen. Norwegen ist Vorreiter dieses Trends und hat 2019 den Mjøstårnet-Turm in Brumunddal fertiggestellt.

Dieses markante Gebäude – mit 85,4 m offiziell das höchste Holzbauwerk der Welt – ist ein Beweis dafür, dass solche Gebäude unter Verwendung lokaler Ressourcen, Zulieferer und nachhaltiger Materialien errichtet werden können.

Moelven Limtre spielte beim Bau des Turms eine zentrale Rolle. Das Unternehmen stellt das als Brettschichtholz bekannte Holzlaminat her und war für die Herstellung und Montage von Brettschichtholzstützen, -trägern und -diagonalen für das primäre Tragsystem verantwortlich.

Aufzugsschächte und Balkone wurden aus Brettsperrholz (CLT) errichtet, was ihnen zusätzliche Festigkeit, Formstabilität und Steifigkeit verleiht, während für die Böden bis zur 11. Etage Holzdeckplatten verwendet wurden.

Vernetzte Konstruktion
Der Holzturm HoHo Wien in Wien, Österreich, ist 84 m hoch

Der Holzturm HoHo Wien in Wien, Österreich, ist ähnlich beeindruckend und nur 140 cm niedriger als Mjøstårnet. Etwa 75 % der gesamten Struktur bestehen aus Holz.

In Bezug auf die Nachhaltigkeit des Gebäudes geben die Entwickler an, dass die österreichischen Wälder lediglich eine Stunde und 17 Minuten benötigten, um die für den Bau verwendete Fichtenmenge nachzuwachsen.

Einer der Holzlieferanten für den Turm, Hasslacher, brachte 800 Stützen aus Brettschichtholz und 14.400 m2 CLT für Außenwandelemente mit. Insgesamt waren für die Lieferung nur 50 LKWs erforderlich.

Beim Bau des HoHo Wien kommt Beton in der Form XC zum Einsatz, ein Holz-Beton-Verbund. Dieser wird an den Gebäudekernen bzw. Gebäudeskeletten befestigt und mit Außenwandstützen aus Massivholz verbunden.

Das Betonunternehmen Kirchdorfer entwickelte gemeinsam mit dem Verpackungsspezialisten Mayr-Melnhof die XC-Lösung und lieferte mehr als 1.000 Verbundelemente auf die Baustelle.

Bei beiden Türmen war die Kombination aus fortschrittlichen Holzelementen und vernetztem Denken der Schlüssel zu ihrem nachhaltigen Erfolg.

Massenholzbewegung

Im Jahr 2017 veröffentlichte der Council on Tall Buildings and Urban Habitat die Studie „Tall Timber: A Global Audit“. Die Studie berücksichtigte alle 48 bekannten Massivholzprojekte mit sieben oder mehr Stockwerken, die entweder vorgeschlagen, im Bau oder abgeschlossen waren.

Die Massivholzbewegung hat seitdem erheblich an Dynamik gewonnen, mit mehr als 200 Massivholzgebäuden auf der ganzen Welt, die sieben Stockwerke oder mehr haben. Holz hat bemerkenswerte Fortschritte in seinen technologischen Fähigkeiten gemacht.

Vor Kurzem haben sich Ramboll und das Architekturstudio Haptic Architects zusammengeschlossen, um nachhaltige Entwicklung durch einen regenerativen modularen Turm zu erforschen.

Ein Hochhausexperte von Ramboll sagt, dass zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes das Haupttragwerk auf einer Holzkonstruktion basiert, die aus drei Stockwerken hohen, strukturellen Hartdecks besteht, wobei jedes harte oder permanente Deck drei dazwischenliegende, weiche oder temporäre Decks trägt.

Im regenerativen Hochhaus von Haptic und Ramboll können veraltete Module ersetzt werden (Foto: Forbes Massie Studio)

„Das regenerative Hochhaus verfügt über harte Böden, die mit Brettsperrholz (CLT) verkleidet sind. Die tragenden Strukturen bestehen aus einer Kombination aus Brettschichtholzabschnitten und recyceltem Stahl“, sagte ein Hochhausexperte von Ramboll.

Durch die Übernahme dieses Ansatzes im Hochhausbau war es möglich, die Module nach ihrem Volumen und nicht nach ihrer Grundfläche zu betrachten, was die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der gesamten Struktur erhöhte.

„Anstatt das gesamte Gebäude abzureißen“, ergänzt der Hochhausexperte von Ramboll, „können veraltete Module einfach durch neue ersetzt werden, ohne horizontale oder vertikale Einschränkungen, um neuen Raumanforderungen gerecht zu werden. Die Einbettung von Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in die Bauphilosophie bietet die Möglichkeit, echte Fortschritte in Richtung nachhaltiger Hochhäuser zu erzielen.“

Da die Strukturen auf Langlebigkeit ausgelegt sind, wurde bei der Wahl des Baumaterials für den modularen Hochhausbau darauf geachtet, den CO2-Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Die Macher der nachhaltigen Struktur hoffen, damit einen neuen Maßstab in der Baubranche zu schaffen.

„Theoretisch könnte die Umsetzung dieser Konstruktionsphilosophien zu Gebäuden führen, die möglicherweise ewig halten“, fügt der Hochhausexperte von Ramboll hinzu.

Der Lehrgerüst- und Schalungsspezialist Meva betont, dass Holz zwar für einige Anwendungen die umweltfreundlichere Wahl sei, dies jedoch gegen die Umweltauswirkungen durch die Abholzung von Wäldern zur Gewinnung des Materials und den durch die Sperrholzschalungen entstehenden Abfall abgewogen werden müsse.

Sperrholzschalungen speichern schädlichen Kohlenstoff im Material selbst und schonen so die Umwelt. Darüber hinaus kann es auch lokal geerntet und produziert werden, sodass das Material nicht so weit zur Baustelle transportiert werden muss – was die Emissionen von Transportfahrzeugen einspart.

Mit der zunehmenden Beliebtheit seiner nachhaltigen Eigenschaften steigt auch die Nachfrage, was die Abholzung der Wälder vorantreibt und ein ökologisches Gleichgewicht schafft, sagt Meva. Laut der World Wildlife Foundation (WWF) hat der Handel mit Forstprodukten in den letzten fünf Jahrzehnten erheblich zugenommen, wobei der illegale Holzeinschlag in einigen Fällen 40–50 % des gesamten Holzeinschlags ausmacht.

Der WWF fügt hinzu, dass Wälder große Mengen Kohlenstoff speichern und die Zerstörung dieser Gebiete durch die Freisetzung von Kohlenstoff in die Atmosphäre zur globalen Erwärmung beiträgt – etwa 15 % der weltweiten Treibhausgasemissionen werden durch die Abholzung von Wäldern verursacht.

Smarte Technik im Holzbau
(Foto: Tide)

Da Projekte immer ehrgeiziger werden, entwickelt sich die Bautechnologie in einem Tempo, das ihre Fähigkeit unter Beweis stellt, neue und mutige Ideen zu unterstützen. Der Hochhausexperte von Ramboll ist davon überzeugt, dass die Integration in die digitale Umgebung ein wirksames Instrument zur Schaffung nachhaltiger Hochhauslösungen ist.

„Hohe Gebäude können als Plattformen konzipiert werden, um die neuesten und zukünftigen intelligenten Technologien voll auszunutzen. Tausende intelligenter Sensoren liefern Daten an die integrierten Gebäudemanagementsysteme, damit das Gebäude angepasst und optimiert werden kann, um Energieeffizienz, Sicherheit und Schutz zu verbessern.

„Der integrierte Einsatz dieser Strategien schafft sowohl für unsere Kunden als auch für die Gesellschaft als Ganzes einen Mehrwert – und liefert eine Blaupause für ein nachhaltiges Hochhaus.“

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