Von Globalisierung zu Regionalisierung? Das neue Management von LiuGong ist bereit für eine Welt im Wandel

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Der neue Präsident und stellvertretende Vorsitzende von LiuGong, Luo Guobing (links), mit dem pensionierten CEO und Vorsitzenden Zeng Guang'an (Bild mit freundlicher Genehmigung von LiuGong) Der neue Präsident und stellvertretende Vorsitzende von LiuGong, Luo Guobing (links), mit dem ehemaligen CEO und Vorsitzenden und aktuellen Berater Zeng Guang'an (Bild mit freundlicher Genehmigung von LiuGong)

LiuGong war einst ein kleiner regionaler Akteur mit einer begrenzten Palette an Radladern und hat sich mittlerweile zu einem der bedeutendsten Namen im chinesischen Baumaschinenbau entwickelt.

Das Unternehmen mit Hauptsitz in Liuzhou produziert heute ein komplettes Spektrum an Maschinen – von Baggern und Planierraupen bis hin zu Bergbau-LKWs, Kränen und Hubarbeitsbühnen – und beliefert 180 verschiedene Länder außerhalb seines Heimatmarktes China.

Im letzten Jahrzehnt hat sich der Umsatz von LiuGong mehr als verdoppelt, von 1,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 auf 4,2 Milliarden US-Dollar. In der neuesten Yellow Table belegt das Unternehmen den 18. Platz.

Dieser Aufstieg wurde von der Führung Zeng Guang'ans geprägt, der 40 Jahre lang für LiuGong gearbeitet hat und vor 25 Jahren, im Jahr 1999, Präsident wurde.

Doch bei LiuGong steht ein bedeutender Wandel bevor. Herr Zeng kündigte an, dass er im Mai dieses Jahres mit Erreichen des 60. Lebensjahres als Vorstandsvorsitzender und CEO zurücktreten werde. Sein Nachfolger Luo Guobing, der 1994 zu LiuGong kam, übernimmt nun die Rolle des Präsidenten und stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden.

Sowohl Zeng als auch Luo sprachen exklusiv mit Construction Briefing/International Construction über die globalen Ambitionen von LiuGong und wie das Unternehmen die Herausforderungen einer sich verändernden Welt meistern will.

Vorbereitung auf eine sich verändernde Landschaft

Im Rückblick auf die letzten zehn Jahre stellt Herr Zeng fest, dass es in der globalen Baumaschinenindustrie bereits einige bedeutende Veränderungen gegeben hat.

Der erste Grund hierfür ist der rasante Aufstieg chinesischer Hersteller, sowohl auf dem chinesischen Inlandsmarkt als auch im Ausland. „Früher gab es drei Hauptgruppen von Herstellern – nordamerikanische, europäische und japanische/koreanische. Heute bildet China eine vierte Gruppe, die mit hochwertigen Maschinen und neuer Technologie sehr schnell wächst“, erklärt er.

Der Minibagger 909ECR von LiuGong fiel durch einen rosafarbenen Bauhinia-Blütenaufkleber auf – eine Hommage an die Heimatstadt des chinesischen OEMs, Liuzhou in der Provinz Guangxi. Der Minibagger 909ECR von LiuGong fiel auf der Bauma 2025 dank eines rosafarbenen Bauhinia-Blütenaufklebers auf – eine Hommage an die Heimatstadt des chinesischen OEMs, Liuzhou in der Provinz Guangxi (Bild: Neil Gerrard)

Diese einheimischen Hersteller hätten den chinesischen Markt dominiert, da sie die Boom- und Krisenphasen dort besser überstanden hätten als internationale Konkurrenten, sagt er. Chinesische Hersteller deckten mittlerweile 90 Prozent des inländischen Baggermarktes ab, nennt er als Beispiel.

Dennoch bleibt China seiner Ansicht nach ein sehr offener Markt, in dem viele der weltweit größten OEMs nach wie vor vertreten sind. „China ist zudem das Land, das sich am besten an neue Technologien anpasst“, fügt er hinzu. „Beispielsweise gibt es in China einen großen Markt für Elektromaschinen sowie für autonome und intelligente Lösungen. Chinesische Kunden reagieren sehr sensibel auf neue Technologien.“

Laut Off Highway Research macht China 80 % des gesamten Weltmarkts für elektrisch betriebene Baumaschinen aus.

Und es stehen weitere Veränderungen bevor. Während in der Vergangenheit geringere Handelsbarrieren für die OEMs ein hohes Maß an Internationalisierung bedeuteten, könnte sich das Umfeld in den nächsten fünf bis zehn Jahren deutlich ändern.

„Jede Regierung konzentriert sich zunehmend auf die Region“, sagt Herr Zeng. „Die USA streiten mit allen Ländern, haben Zölle erhöht und Antidumpingmaßnahmen eingeführt. Der Markt wird sich also verändern. In Europa gibt es ähnliche Maßnahmen gegen Hersteller anderer Länder. Die Schwellenmärkte sind nicht so stabil wie Europa und Nordamerika, aber Märkte wie Indien werden weiter wachsen. Ich denke, das wird unsere Branche stark beeinflussen.“

Die bevorstehenden Veränderungen bedeuten jedoch nicht, dass LiuGong den internationalen Märkten den Rücken kehrt – ganz im Gegenteil. Herr Luo möchte vielmehr die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Unternehmen anpassungsfähiger und agiler wird. Dabei wird er sich die Unterstützung von Herrn Zeng sichern, der dem Unternehmen als leitender Berater erhalten bleibt.

Herr Luo weist darauf hin, dass LiuGong unter der Leitung seines Vorgängers einer der ersten chinesischen Baumaschinenhersteller war, der international tätig wurde. Der Auslandsumsatz macht mittlerweile 52 % des Gesamtumsatzes von LiuGong aus.

Für Herrn Luo ist es eine der Prioritäten von LiuGong, den Anteil des internationalen Umsatzes weiter zu steigern – mit dem Ziel von 60 %. Um dies zu erreichen, legt er Wert auf starken Kundensupport, Markenvertrauen, lokale Produktion und Service sowie verbesserte Produktqualität.

Reife Märkte vs. Schwellenmärkte

Herr Luo hält reife Märkte wie Nordamerika und Europa weiterhin für wichtig. „Im Hinblick auf den Gesamtwert sind das sehr große Märkte, die Teil unseres Geschäfts sein sollten. Die reifen Märkte benötigen zudem einen hohen Technologiestandard, der uns helfen kann, weiter zu wachsen“, sagt er.

LiuGong-Turmdrehkrane auf der Bauma China 2024 LiuGongs PT7025A-12, ein Mittelklasse-Flachkran. Das Unternehmen hat durch eine Akquisition sein Produktportfolio um Krane erweitert. (Foto: Alex Dahm/KHL Group)

Die Gewinnspannen für in diesen Märkten verkaufte Maschinen seien höher als in Schwellenländern, bemerkt er. Der Erfolg dort könne auch dazu beitragen, Kunden in anderen Märkten vom Kauf von LiuGong-Maschinen zu überzeugen. Während der diesjährigen Bauma in Deutschland kündigte das Unternehmen die Eröffnung regionaler Zentren in Italien, Frankreich und Deutschland an, um lokale Forschungs- und Entwicklungsteams zu integrieren und den Kundensupport zu stärken.

Auch in einigen Schwellenmärkten, darunter Indien, der Asien-Pazifik-Raum und Afrika, würden sich vielversprechende Gelegenheiten ergeben, merkt er an.

Indien ist ein Beispiel für LiuGongs Globalisierung durch lokale Ressourcen. Das Unternehmen betreibt dort bereits eine Fabrik und baut eine weitere, die Ende 2025 oder Anfang 2026 in Betrieb gehen soll.

„LiuGong wird die Forschung und Entwicklung im Ausland sowie die Produktion, das Marketing und den Vertrieb beschleunigen. Dafür erhalten wir auch entsprechendes Kapital“, so Luo.

„Es ist sehr wichtig, lokale Lieferanten und lokale Talente zu nutzen. Derzeit kommen 24 % unserer Mitarbeiter nicht aus China. Ich denke, dieser Anteil wird auf 40 % steigen“, fügt er hinzu.

In Indien beispielsweise beschäftigt das Unternehmen 1.000 Mitarbeiter, von denen jedoch nur sieben aus China kommen. Herr Luo traf sich Anfang des Jahres mit Vertretern der indischen Regierung und betonte, dass chinesische Investitionen im Land stark gefördert werden. „Wir bilden viele Fachkräfte aus und arbeiten sehr gut mit der Regierung zusammen. Natürlich haben wir auch hohe Steuereinnahmen zur Entwicklung des Landes bereitgestellt.“

Bergbau als Ziel für das nächste Jahrzehnt

Der Bergbau bleibt ein weiteres Zielgeschäft des Unternehmens und angesichts der anhaltenden Nachfrage nach Rohstoffen wie Gold und Kupfer sowie nach Energie ist Herr Luo optimistisch, was die Aussichten dieses Sektors für die nächsten zehn Jahre angeht.

LiuGong stellte seine Radlader der T-Serie auf der Bauma in München vor LiuGong stellte seine Radlader der T-Serie auf der Bauma in München vor (Bild: LiuGong)

„LiuGong war das erste Unternehmen, das schwere Elektromaschinen auf den Markt brachte. Dies war in China und auch in einigen reifen Märkten wie Nordeuropa und Nordamerika sehr erfolgreich“, sagt er. Er betont die Umweltfreundlichkeit von Elektromaschinen sowie die attraktiven Gesamtbetriebskosten (TCO). Auch teilautonome und autonome Maschinen erfreuen sich in diesem Segment zunehmender Beliebtheit, bemerkt er.

Auch für den Bergbau sind weitere Produkte in Planung. Herr Zeng kündigt an, dass LiuGong neben seinen Sattelzugmaschinen und Großraum-Lkw bald auch Sattelzüge auf den Markt bringen werde.

„Bergbauausrüstung ist eine schwierige Produktgruppe, aber wir haben bereits eine gute Grundlage und ich denke, Herr Luo wird diese Strategie fortsetzen, um in den nächsten zehn Jahren ein führender Hersteller zu werden“, sagt Herr Zeng.

Investitionen in Forschung und Entwicklung

Herr Zeng legt großen Wert auf die Forschung und Entwicklung innovativer Produkte und Technologien. Anfang des Jahres betonte er, dass das Unternehmen seine Forschungs- und Entwicklungsausgaben in den letzten vier Jahren von 3,5 % des Umsatzes auf 4 % erhöht habe.

„Wir verfügen über erstklassige Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, für die wir viel Geld ausgeben. Diese gibt es nicht nur in China, sondern auch international“, sagt er. Er dankt David Beatenbough, dem ehemaligen Leiter für Baumaschinen im asiatisch-pazifischen Raum (Engineering) bei Case, der 15 Jahre lang als Vizepräsident und weitere fünf Jahre als Berater für LiuGong tätig war.

„Im Vergleich zur europäischen, japanischen und amerikanischen Fertigung vor 20 bis 25 Jahren haben wir auf einem niedrigen Niveau angefangen“, sagt Herr Zeng. „Aber in den letzten zehn Jahren haben wir viel in intelligente autonome Fertigungssysteme investiert, insbesondere für große Radlader und Bagger sowie einige Komponenten.“

Dies habe zu qualitativ hochwertigeren Produkten und schnelleren Lieferungen sowie einer besseren Kostenkontrolle geführt, behauptet er.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zusammenarbeit von LiuGong mit seiner Lieferkette. Das Unternehmen unterhält Joint Ventures mit Komponentenherstellern wie dem deutschen Antriebshersteller ZF und dem US-amerikanischen Motorenhersteller Cummins sowie eine strategische Partnerschaft mit dem Hydraulikspezialisten Rexroth. „Diese Joint Ventures sind sehr wichtig. Sie kommen nicht nur LiuGong zugute, sondern der gesamten Branche“, sagt Herr Zeng.

Mittlerweile hat das Unternehmen Elektromaschinen in rund 50 Ländern auf den Markt gebracht. Herr Luo startete eine weltweite Werbekampagne, die auf der Bauma ihren Höhepunkt erreichte. „Ich denke, wir haben maßgeblich zum Wandel der weltweiten Industrietechnologie beigetragen. Wir arbeiten gut mit Komponentenlieferanten zusammen, um ein weltweites Komponentensystem für Elektrogeräte aufzubauen“, so Herr Zeng.

Er fährt fort: „LiuGong wird die Entwicklung neuer Technologien, insbesondere für elektrische Systeme, beschleunigen. Wir verfügen über ein nahezu vollständiges Sortiment an Elektromaschinen. Wir haben bereits ein umfassendes Paket zur Kundenunterstützung, benötigen aber noch einige Weiterentwicklungen, um die Vorteile der Elektromaschinentechnologie und intelligenter Produkte weiter zu steigern.“

Und wenn LiuGong sich bereits als führender Anbieter von Elektromaschinen sieht, ist das laut Zeng kein Grund zur Selbstzufriedenheit. „Wenn wir denken: ‚Oh, wir sind führend in der Elektrifizierungstechnologie‘, dann scheitern wir vielleicht nächstes Jahr. Deshalb müssen wir weiter investieren, schnell agieren und in diesen Bereichen mehr Innovationen vorantreiben, um LiuGongs Position als Weltmarktführer zu behaupten“, betont er.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt des Unternehmens sind halbautomatische und automatisierte Maschinen. „Ich bin sehr optimistisch, was die Automatisierung und Halbautomatisierung von Produkten und Technologien angeht“, sagt Herr Luo.

Dies ist die Zukunft, nicht nur weil die Technologie voranschreitet, sondern auch, weil sie dem Arbeitskräftemangel entgegenwirkt und Verbesserungen bei Sicherheit und Effizienz bieten kann. Der Kostendruck ist groß, insbesondere in Ländern mit hohen Arbeitskosten. Dies wird die Entwicklung unterstützen.

Er räumt ein, dass vollautomatische Produkte derzeit nur für sehr spezielle Anwendungen und Situationen eingesetzt werden können, dass jedoch mit der weiteren Entwicklung eine zunehmende Verbreitung intelligenter Produkte und Systeme zu erwarten ist.

Hat der chinesische Markt seine Talsohle erreicht?

Im Inland erkennt LiuGong erste Anzeichen dafür, dass der Baumaschinenmarkt in China nach mehreren schwierigen Jahren seinen Tiefpunkt erreicht hat und sich möglicherweise schließlich auf dem Weg zu moderatem Wachstum befindet.

Liugong 9027FE Elektrobagger Elektrobagger Liugong 9027FE (Bild: Liugong)

Dies wird unter anderem durch die steigenden Arbeitskosten begünstigt. „Maschinen, insbesondere Kleinmaschinen, sind ein sehr effektives Mittel, um den Arbeitskräftebedarf zu senken“, sagt Herr Luo. „In diesem Jahr war die Nachfrage nach Minibaggern und anderen kleineren Maschinen sehr gut. Ich denke, diese Situation wird sich fortsetzen.“

Der Wettbewerb zwischen den Herstellern im Land sei in den letzten Jahren hart gewesen, bemerkt er. „Einigen Unternehmen geht es sehr gut. Andere haben Probleme. Ich denke, dass Unternehmen wie LiuGong, die weltweit expandieren, besser dastehen werden. Gleichzeitig werden diejenigen, die vom chinesischen Markt abhängig sind, Probleme bekommen.“

Das eröffnet Potenzial für Übernahmen, und Herr Luo ist offen für diese Idee, allerdings nur unter den richtigen Umständen. „Wir planen, einige Unternehmen zu übernehmen oder mit ihnen zu kooperieren. Es sollte sich aber um ein gutes Unternehmen handeln, das zu unseren strategischen Anforderungen passt. Da wir über ausreichende Produktionskapazitäten verfügen, ist dies nicht unser Übernahmeziel.“

Die sich ständig weiterentwickelnde Zukunft des Bauwesens

Herr Luo erwartet für die Branche in den nächsten drei bis fünf Jahren ein moderates Wachstum von 3 bis 5 Prozent pro Jahr.

Doch die Struktur werde sich ändern, prognostiziert er. Schwellenmärkte wie Indien, Lateinamerika, Teile Afrikas und der asiatisch-pazifische Raum würden eine immer wichtigere Rolle spielen.

In gesättigten Märkten dürften die Umsätze steigen, da die Kunden Maschinen ersetzen, in die sie zuvor nicht investiert hatten. Er erwartet außerdem eine gesunde Nachfrage nach Bergbauprodukten in Märkten wie Afrika, Indien, China und Nordamerika.

Auch die Erwartungen der Kunden ändern sich – sie erwarten zunehmend intelligente Lösungen und eine umfassende Unterstützung über den gesamten Lebenszyklus.

Herr Zeng stimmt dem zu und fügt hinzu, dass es für das Unternehmen auch wichtig sei, in die nächste Generation zu investieren.

„Wenn wir nicht in unsere Mitarbeiter und insbesondere in die jüngere Generation investieren, haben wir keine Zukunft. Wir haben gute Mitarbeiter, eine positive Unternehmenskultur und starke Grundwerte. Diese werden Herrn Luo und der jüngeren Generation helfen, das Unternehmen weiter auszubauen und noch erfolgreicher zu werden“, so sein Fazit.

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